Hate-Crime-Gesetzgebung: Gut gemeint, schlecht gemacht.

Die Vorschläge des Bundesjustizministers sind gut gemeint und schlecht gemacht. Die polizeiliche Erfassung und die Strafverfolgung von Hasskriminalität muss verbessert werden. Eine stärkere Berücksichtigung der Tatmotive beim Strafmaß klingt zwar schön, ist aber völlig nutzlos, wenn bereits bei der Erfassung die menschenfeindliche Motivation unerkannt bleibt. Deshalb kommt der Gesetzentwurf des Bundesjustizministers, der darauf abzielt „stärker als bisher“ hassgeleitete Motive bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, über bloße Symbolik nicht hinaus. Die eigentlichen Probleme packt der Minister damit nicht an.

Entscheidend ist, dass vorurteilsmotivierte Straftaten von der Polizei tatsächlich als solche erkannt und erfasst werden. Die Beweggründe und Ziele des Täters müssen auch heute schon bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Deshalb ist es wichtiger, die Polizeiausbildung und die Erfassung von Hasskriminalität bei Polizei zu verbessern, als an der Strafzumessung herumzubasteln. Hierzu müssen Defizite beim »Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität« (KPMD-PMK,), wie sie bei der Aufarbeitung der NSU-Taten zu Tage traten, endlich angegangen werden.
Wir Grüne fordern daher,

  • die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) oder die gesetzlichen Vorschriften dahingehend zu ändern, dass klargestellt wird, dass bei Mischantragsdelikten, die durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit motiviert sind, das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung in der Regel zu bejahen ist,
  • in § 130 StGB (Volksverhetzung) alle Gruppen aufzunehmen, deren Zugehörige davor geschützt werden sollen, insbesondere wegen ihrer sexuellen Identität, ihres Geschlechts, ihrer Weltanschauung, ihrer Behinderung oder ihres Alters zum Opfer volksverhetzender Handlungen zu werden,
  • Opferzeugen von rechtsextremistischer Hasskriminalität besser zu schützen, indem ihre Anschrift vor Weitergabe an die Verteidigung, und damit bei organisierten Rechtsextremisten oftmals an die Täter, besser zu schützen.

2011 hatte eine die empirische Untersuchung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht festgestellt, dass ein doppelter (in sich aber unterschiedlicher) Selektionsprozess innerhalb von Polizei und Justiz dazu führen würde, dass Hassdelikte mitunter von der Polizei nicht erkannt bzw. von den Gerichten deshalb nicht als solche abgeurteilt würden. Hieran ändert der Vorstoß von Maas nichts.
Vorurteilsmotivierte Straftaten gegen Menschen insbesondere wegen ihrer Nationalität, Hautfarbe, ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion, Weltanschauung, Behinderung, sexuellen Identität, ihres Alters oder ihres gesellschaftlichen Status verletzen zutiefst deren Achtungsanspruch und dienen oftmals der Propagierung weiterer Straftaten, die teilweise mit unvorstellbarer Brutalität ausgeführt werden. Die besondere Dimension des aus diesen Ressentiments entstandenen Unrechts liegt darin, dass die Taten jeweils nicht nur gegen das Opfer als Individuum gerichtet, sondern über die Leidenszufügung am jeweiligen Opfer hinaus geeignet sind, weite Teile der Bevölkerung zu verunsichern und deren Vertrauen in die Unverbrüchlichkeit des Rechts zu erschüttern.


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