Haltung der katholischen Kirche ethisch verstörend

Zur heutigen öffentlichen Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages zur Reform der Meldewesen erklärt Volker Beck MdB, innenpolitischer Sprecher:

Meldedaten dürfen nicht zur Diskriminierung von Beschäftigten missbraucht werden. Der Staat darf nicht Helfershelfer werden, wenn es um diskriminierende Kündigungen und damit die Vernichtung der materiellen Existenzgrundlage geht. Er darf nicht zulassen, dass die von ihm weitergegebenen Meldedaten zur Diskriminierung oder Kündigung von Beschäftigten missbraucht werden können, wenn sie eine zweite Ehe oder eine Lebenspartnerschaft schließen.
Daher soll die Übermittlung der Meldedaten bezüglich des Familienstandes an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften nur dann erfolgen, wenn diese erklären, keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen aufgrund eines bestimmten Familienstandes zu ziehen. Das sieht der grüne Antrag vor, den Grüne Bundestagsfraktion im Bundestag stellen wird. Dies wahrt das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften wie die Grundrechte der Bürger*innen.

Das Staatskirchenrecht in Artikel 140 Grundgesetz und der Grundrechtekatalog bilden ein organisches Ganzes. Deshalb ist der Staat auch in seinem kooperativen Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften grundrechtlich gebunden und muss die Bürger vor Gefährdungen ihrer Grundrechte schützen.

Der Vertreter der katholischen Kirche hat erklärt, dass sie Kirchgeld über die konfessionslosen Lebenspartnern von Katholiken erheben will, die aufgrund fehlenden Einkommens selbst nicht kirchensteuerpflichtig sind. Rechtlich ist das völlig in Ordnung. Aber: Es ist ethisch verstörend, wenn sie das familienrechtliche Institut der Lebenspartnerschaft heranzieht, um ihre Einnahmen zu verbessern, und im eigenen Arbeitsrecht das Eingehen der Lebenspartnerschaft als schweren Loyalitätsverstoß wertet, der eine Kündigung bei Kirche und Caritas begründet.
Die Problematik der Meldedaten im Kontext Arbeitsrecht betrifft nicht nur die katholische Kirche, sondern potentiell auch andere Religionsgemeinschaften die Körperschaft des öffentlichen Rechtes sind, wie Mormonen, Zeugen Jehovas, muslimische Religionsgemeinschaften.

Der Antrag der grünen Bundestagsfraktion ist unter diesem Link abrufbar:

Die Mitteilung des Familienstandes „zweite Eheschließung“ an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften ist schon jetzt im Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens vorgesehen. Nun möchte die Bundesregierung, dass auch der Familienstand „eine Lebenspartnerschaft führend“ sowie an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften übermittelt werden darf.

Die Katholische Kirche und die ihr zugeordneten Einrichtungen wie z.B. die Caritas können Beschäftigten kündigen, die gegen die Sitten und Moralvorstellungen der jeweiligen Kirche verstoßen, und dies unabhängig davon, ob die Beschäftigung im Verkündigungsbereich liegt oder nicht. Das Eingehen einer zweiten Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wird als schwerwiegender Loyalitätsverstoß gegenüber der katholischen Auffassung von Ehe und Familie gewertet und begründet nach Auffassung der katholischen Kirche eine Kündigung der Beschäftigten.

Kirchgeld:
Das Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe ist eine Form der Kirchensteuer in Deutschland. Es wird nach Maßgabe der kirchensteuerrechtlichen Vorschriften der Bundesländer als Besonderes Kirchgeld von jenen Kirchenmitgliedern erhoben, die sich zur Erlangung des Ehegattensplittings gem. §§ 26, 26 b EStG zur Einkommensteuer zusammen mit ihrem Ehegatten/Lebenspartner veranlagen lassen und selbst über kein oder ein geringeres Einkommen als der Ehegatte/Lebenspartner verfügen, der als allein- oder besserverdienender Ehepartner/Lebenspartner keiner Kirche, Religionsgemeinschaft oder weltanschaulichen Gemeinschaft angehört, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.


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