Scharfe Kritik an SPD-Vorstoß: Kein Kuhhandel mit Grundrechten – Einwanderungsgesetz rechtfertigt keinen Verfassungsbruch

Zu den Äußerungen der SPD über einen möglichen Kompromiss in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik „Tausche sichere Herkunftsstaaten gegen Einwanderungsgesetz“:

Das ist ein Kuhhandel mit Grundrechten. Herkunftsländer können nicht einfach nach politischer Laune für sicher erklärt werden. Das ist zynisch und verstößt eklatant gegen die Verfassung und das Recht der Europäischen Union.

Nur wenn sich nachweisen lässt, dass in einem Staat generell und durchgängig keine Verfolgung droht, kann man überhaupt in Betracht ziehen, diesen Staat für sicher zu erklären. Das ist im Westbalkan noch lange nicht der Fall:

Lesben, Schwule und Transgender sind weiterhin gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt, vor denen sie die Sicherheitsbehörden nicht effektiv schützen. Roma werden beim Zugang zu grundlegenden Leistungen der Daseinsvorsorge systematisch diskriminiert ohne dass adäquater Rechtsschutz gewährleistet ist. Journalisten werden bei ihrer Arbeit behindert und in Mazedonien ist kurz nachdem es Deutschland für sicher erklärt hat, ein seit langem schwelender Konflikt wieder aufgeflammt. Nicht umsonst befinden sich in der Region immer noch Schutztruppen der Vereinten Nationen.

Die SPD will sich einen Verfassungsbruch mit dem Versprechen eines Gesetzes bezahlen lassen, von dem sie selbst nicht weiß, wie es aussehen soll. Der Fraktionsvorsitzende schwärmt zwar von Kanada, hat aber das kanadische System nicht einmal in den Grundzügen verstanden. Mit der Frage, wie das kanadische Modell auf Deutschland übertragen werden kann, hat er sich vorsichtshalber gar nicht erst befasst. Deutschland braucht ein zukunftsfähiges Einwanderungskonzept, das sich nicht in Symbolpolitik erschöpft. Dafür haben wir Grünen bereits Anfang Februar Eckpunkte vorgestellt (https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/integration/Antrag_EinwanderungsG_F26-15.pdf).

Wir wollen die Arbeitsmigration erleichtern, die Integration der Menschen hierzulande vorantreiben und das Aufenthaltsrecht menschenrechtskonform ausgestalten. Das darf aber nicht auf Kosten des Flüchtlingsschutzes geschehen.

Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten beschränkt die Rechte von Asylsuchenden und ihren Zugang zu effektivem Rechtsschutz. Den Rückgang der Antragszahlen von Menschen aus diesen Ländern hat es nicht zur Folge: Aus Serbien und Mazedonien kommen unvermindert Asylsuchende nach Deutschland, obwohl der Gesetzgeber diese Staaten für sicher erklärt hat. Aus dem Kosovo ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, obwohl der Kosovo gerade nicht zum sicheren Herkunftsstaat erklärt worden ist. Wir dürfen nicht weiteren Staaten bescheinigen, dass sie die Menschenrechte achten, wenn sie tatsächlich noch einen weiten Weg vor sich haben, um den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention zu genügen.


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