Studie Integration und Islam unter Türkeistämmigen

Zur Studie über Integration und Islam unter Türkeistämmigen erklärt Volker Beck, Sprecher für Religionspolitik:

Die Zahlen belegen aktuell reale Probleme der Integrationspolitik mit statistischen Werten: Die Integrationsverweigerung der deutschen Politik gegenüber ihren „Gastarbeitern“ rächt sich über Generationen.
Bekenntnisförmiger islamischer Religionsunterricht an staatlichen Schulen, wie er beispielhaft von Sylvia Löhrmann in Nordrhein-Westfalen eingeführt wurde, und universitäre Ausbildung von Imamen in Deutschland, kann einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung von Islam und säkularem Recht leisten. Das sollte in allen Bundesländern angestrebt werden, die bekenntnisförmigen Religionsunterricht anbieten.

Die Ergebnisse zeigen aber auch: Türkisch-staatlich finanzierte Verbände wie die DITIB tragen bislang nicht positiv zur Integration bei. Unabhängig davon wie antidemokratisch, religiös oder gar fundamentalistisch Erdogan auftritt: DITIB ist eine Organisation in Deutschland und muss sich deshalb auch gegenüber unseren demokratischen Werten Loyal verhalten und diese vermitteln, wenn sie gesellschaftlicher Partner sein möchte. Die Iftar-Ausladung der Integrationsbeauftragten Özoguz durch DITIB verdeutlicht diese Problemlage einmal mehr.

Deutschland fehlt es an einer demokratischen Streitkultur, in der wir kritisch Probleme ansprechen und gleichzeitig solidarisch sind, wenn Muslime oder Türken ins Visier von Nazis und Rechtspopulisten geraten. Verteidigung der Religionsfreiheit der Muslime und kritische Auseinandersetzung mit den Verbänden – beides ist möglich und nötig.

Die deutsche Politik muss deshalb endlich ihre Hausaufgaben machen, um aus ehemaligen Gastarbeitern gleichberechtige Deutsche werden zu lassen. Dazu gehört das kommunale Wahlrecht für Ausländer, auch für die, die nicht EU-Bürger sind, und eine konsequente Antidiskriminierungsarbeit wie Investitionen in Bildung.

Gleichzeitig rate ich zu einer nüchternen Betrachtung: Es ist nicht ungewöhnlich, dass religiöse Menschen religiöse Gebote höher bewerten als weltliches Recht. Dazu lohnt sich beispielsweise ein Blick auf gesellschaftspolitische Forderungen bei Kondomen, Sexualaufklärung und Ehe für Alle bei der katholischen Kirche. Entscheidend ist die Frage, ob Gläubige selbst nach diesen Geboten in ihrem Alltag leben wollen oder diese der Gesellschaft aufzwingen wollen. Diese Grenze wird in der Regel respektiert und diese muss auch gesellschaftlich aktiv und ohne Kompromisse verteidigt werden.


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