Erläuterungen zu parlamentarischen Begriffen
Erläuterungen zu parlamentarischen Begriffen von A bis Z
Abgeordnete
Abgeordnete des Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Abgeordnete können ihr Amt vor Ablauf der Wahlperiode nur durch Verzicht oder durch eine strafrechtliche Aberkennung verlieren, nicht aber durch Misstrauensvotum der Wähler oder durch Ausschluss aus einer Fraktion. Niemand darf daran gehindert werden, das Abgeordnetenamt zu übernehmen und auszuüben. Kündigungen aus diesem Grund sind unzulässig. Dem 17. Deutschen Bundestag gehören 620 Abgeordnete an.
Abstimmungen und Mehrheiten
Der Bundestag kennt verschiedene Abstimmungsformen: Die einfache Form per Handheben ist der tägliche Standard. Nur in der Dritten Lesung von Gesetzen stehen die Abgeordneten als Zeichen ihres Abstimmungsverhaltens auf. Das Ergebnis ermittelt der Sitzungsvorstand per Augenschein. Bei Zweifeln wird die Abstimmung per „Hammelsprung“ wiederholt, indem die Abgeordneten den Saal verlassen und ihn durch verschiedene Türen für „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ betreten und dabei gezählt werden. Die namentliche Abstimmung vollzieht sich mit Hilfe von farbigen Stimmkarten. Die geheime Abstimmung für herausragende Personalentscheidungen, wie die Wahl des Bundestagspräsidenten und des Kanzlers, geschieht durch Aufruf jedes einzelnen Abgeordneten, der in eine Wahlkabine geht, den Stimmzettel dort markiert, ihn in einen Umschlag steckt und ihn dann erst in die Urne wirft.
– Namentliche Abstimmung
Eine namentliche Abstimmung, die auf Verlangen einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages stattfinden muss, wird bei politisch umstrittenen Fragen vorgenommen. Dafür haben die Abgeordneten Stimmkarten mit dem Aufdruck des Namens und der Zugehörigkeit zu einer Fraktion. Blaue Karten bedeuten ein „Ja“, rote Karten ein „Nein“, weiße weisen eine Stimmenthaltung aus. Die Karten, die die Parlamentarier/innen in aufgestellte Urnen werfen, werden von den Schriftführern/innen gezählt. Das Ergebnis wird von dem/der Sitzungspräsidenten/in bekannt gegeben. Eine namentliche Abstimmung ist unzulässig über die Stärke von Ausschüssen, die Abkürzung von Fristen, die Sitzungszeit und Tagesordnung sowie über die Vertagung von Sitzungen bei Aufschub der Aussprache. Auch über die Überweisung einer Vorlage an einen Ausschuss kann nicht in namentlicher Abstimmung entschieden werden.
– Geheime Abstimmung
Wahlen mit verdeckten Stimmzetteln (Geheime Wahlen) finden statt, sofern das in der Verfassung oder einem Bundesgesetz vorgesehen ist. Geheim gewählt werden der/die Bundeskanzler/in, der/die Bundestagspräsident/in sowie der/die Wehrbeauftragte des Parlaments. Hierzu erhält jede/r Abgeordnete, der/die zuvor von einem/r Schriftführer/in mit Namen aufgerufen wurde, einen amtlichen Stimmzettel mit Umschlag. Der Zettel wird in einer der aufgestellten Wahlkabinen ausgefüllt und anschließend unter der Kontrolle der Schriftführer/innen in eine Wahlurne geworfen. Das Ergebnis teilt der/die Sitzungspräsident/in mit.
– „Hammelsprung“
Mit der Abstimmung durch den „Hammelsprung“ sollen Zweifelsfälle bereinigt werden, etwa dann, wenn das Ergebnis im Sitzungsvorstand unterschiedlich beurteilt wird. Dann müssen die Abgeordneten gezählt werden. Sie verlassen den Sitzungsraum und werden bei der Rückkehr durch eine von drei Türen (Ja – Nein – Enthaltung) gezählt. Das Ergebnis teilt der/die Sitzungspräsident/in mit. Der Name „Hammelsprung“ geht auf ein Intarsienbild über einer Abstimmungstür im Berliner Reichstagsgebäude zurück. Das Bild zeigte den blinden Polyphem aus der griechischen Sage, der seine Hammel zählt, unter deren Bäuchen sich Odysseus und seine Gefährten angeklammert haben, um so der Gefangenschaft zu entkommen.
– Beschlussfähigkeit
Nach seiner Geschäftsordnung ist der Bundestag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Sitzungssaal anwesend ist. Wird vor Beginn der Abstimmung die Beschlussfähigkeit von so vielen anwesenden Abgeordneten bezweifelt, die eine Fraktion bilden könnten , und auch vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht, ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlussfähigkeit durch Zählung der Stimmen festzustellen. Ist der Bundestag beschlussunfähig, hebt der/die Sitzungspräsident/in die Sitzung sofort auf. Ein Verlangen auf namentliche Abstimmung bleibt jedoch in Kraft. Bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit zählen Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen mit.
– Einfache Mehrheit
Im Normalfall genügt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei Enthaltungen nicht mitgezählt werden. Theoretisch könnte der Bundestag mit zwei Ja gegen eine Stimme bei 600 Enthaltungen etwas entscheiden.
– Absolute Mehrheit
Unter absoluter Mehrheit versteht man die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. Nach der Verfassung ist das „die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl“. Die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags ist erforderlich, um den/die Bundestagspräsidenten(in) und seine/ihre Stellvertreter zu wählen. Das Gleiche gilt für die Wahl des/der Bundeskanzlers/in im ersten und zweiten Wahlgang sowie beim konstruktiven Misstrauensvotum und der Wahl eines/r Bundeskanzlers/in nach einer gescheiterten Vertrauensfrage. Ferner ist die absolute Mehrheit erforderlich beim Überstimmen eines Bundesratseinspruchs, sofern diese Mehrheit ausreicht. Außerdem ist sie notwendig bei Änderungen des Gebietsstandes der Bundesländer und bei der Errichtung bundeseigener Mittel und Unterbehörden (etwa Schifffahrtsdirektionen, Schifffahrtsämter). Nur mit der Mehrheit der Mitglieder sind Richter/innen der obersten Gerichte und der/die Wehrbeauftragte des Bundestages zu wählen.
– Einfache Zweidrittelmehrheit
Mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens jedoch der Mehrheit des Bundestages, können vom Bundesrat beschlossene Einsprüche zurückgewiesen werden, die dort von zwei Dritteln der Bundesratsmitglieder erhoben wurden. Ferner kann der Verteidigungsfall mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, festgestellt werden. Der Spannungsfall kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen festgestellt werden. Der Bundestag kann im Verteidigungsfall für eine Verpflichtung der Bürgerinnen und Bürger zu Dienst und Arbeitsleistungen ebenfalls mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen votieren. Zwei Drittel der anwesenden Mitglieder können nach der Geschäftsordnung des Bundestages unter anderem beschließen, über Vorlagen in der Zweiten Lesung zu beraten, ohne dass eine Ausschussüberweisung erforderlich war.
– Absolute Zweidrittelmehrheit
Zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages sind für Gesetzesbeschlüsse erforderlich, die das Grundgesetz ändern.
Aktuelle Stunde
Viele Instrumente hat das Parlament geschaffen, um die Debatten lebendiger zu gestalten. Zwischenfragen und Kurzinterventionen machen die rhetorische Auseinandersetzung oft zu einer spannenden Angelegenheit. Zu den interessantesten Debatten gehören auch die Aktuellen Stunden. Sie können sich an Fragestunden anschließen, die nach Ansicht einer Fraktion ein zusätzliches Diskussionsbedürfnis gezeigt haben. Sie können aber auch schon im Vorfeld verlangt werden, um aktuell in der Öffentlichkeit lebhaft diskutierte Themen aufzugreifen. Die Abgeordnetenbeiträge dürfen nicht länger als fünf Minuten dauern und theoretisch insgesamt 60 Minuten nicht überschreiten. Die von Mitgliedern der Bundesregierung oder des Bundesrates in Anspruch genommene Redezeit bleibt jedoch unberücksichtigt, so dass Aktuelle Stunden tatsächlich regelmäßig länger als eine Stunde dauern. Reden Kanzler, Minister oder Ministerpräsidenten länger als zehn Minuten, kann auf Verlangen einer Fraktion eine reguläre Aussprache über die Ausführungen eröffnet werden.
Ältestenrat
Der Ältestenrat ist das zentrale Lenkungs- und Koordinationsgremium des Bundestages und unterstützt in dieser Eigenschaft den Bundestagspräsidenten bei der Führung der Geschäfte. Der Bundestagspräsident ist zugleich Vorsitzender des Ältestenrates und leitet dessen Sitzungen. Auch seine Stellvertreter gehören dem Ältestenrat an. Weitere Mitglieder entsenden die Fraktionen im Verhältnis ihrer Stärke. Sie achten darauf, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer, die in ihren Treffen die Plenarsitzungen bereits im Detail besprechen, ebenfalls im Ältestenrat sitzen und weitere Empfehlungen zur Festlegung der Tagesordnung und der Redezeiten geben können. Weil die jeweils anstehende Thematik im Bundestag auch von der Arbeit der Bundesregierung beeinflusst wird, nimmt ein Vertreter der Bundesregierung an den Sitzungen des Ältestenrates teil. Neben der einvernehmlichen Besetzung der Vorsitze und stellvertretenden Vorsitze in den einzelnen Ausschüssen zu Beginn einer Wahlperiode kommt dem Ältestenrat immer wieder eine Rolle als Schlichtungsinstrument zu.
Amtsausstattung
Die Abgeordneten erhalten eine Amtsausstattung als Aufwandsentschädigung. Sie umfasst Geld und Nachleistungen. Zur Amtsausstattung gehören unter anderem am Sitz des Bundestages eingerichtete Büros, die freie Benutzung aller Verkehrsmittel inklusive Eisenbahn, Inlandsflüge und Dienstfahrzeuge. Außerdem können Abgeordnete auf die Fernmeldeanlagen des Bundestages sowie die sonstigen Leistungen des Parlaments zurückgreifen.
Anfragen – Fragestunde
Jeder Abgeordnete kann für die Fragestunde in jeder Sitzungswoche bis zu zwei Fragen zur mündlichen Beantwortung an die Bundesregierung richten. Dabei darf er jede Frage in zwei Unterfragen unterteilen und während der Fragestunde im Plenum weitere Zusatzfragen stellen. Die Antworten übernehmen meist die Parlamentarischen Staatssekretäre oder Staatsminister der Bundesministerien, mitunter aber auch die Minister selbst. Die Regierung beantwortet die Fragen von nicht anwesenden Abgeordneten innerhalb einer Woche schriftlich.
– Schriftliche Fragen
Jedes Mitglied des Bundestages ist berechtigt, in jedem Monat bis zu vier Fragen zur schriftlichen Beantwortung an die Bundesregierung zu richten. Die Fragen sollen binnen einer Woche nach Eingang beim Bundeskanzleramt beantwortet werden. Die während einer Woche eingegangenen Antworten werden in der folgenden Woche gesammelt in einer Drucksache veröffentlicht.
– Kleine Anfrage
So viele Abgeordnete, wie eine Fraktion bilden können, haben das Recht, schriftlich von der Bundesregierung Auskunft über bestimmte Sachverhalte durch eine Kleine Anfrage zu verlangen. Kleine Anfragen werden schriftlich beantwortet und im Bundestag nicht beraten.
– Große Anfrage
Fraktionen bzw. so viele Abgeordnete, wie eine Fraktion bilden können, haben die Möglichkeit, die Bundesregierung zur Aufklärung über wichtige politische Fragen mit Hilfe einer Großen Anfrage aufzufordern. Die Anfrage wird schriftlich beantwortet und im Bundestag debattiert. Die Debatte muss erfolgen, wenn sie von einer Fraktion oder von so vielen Mitgliedern des Bundestages, wie eine Fraktion bilden können, verlangt wird. Lehnt die Bundesregierung die Beantwortung innerhalb einer bestimmten Zeit oder gänzlich ab, kann der Bundestag die Große Anfrage zur Beratung auf die Tagesordnung setzen.
– Regierungsbefragung
In Sitzungswochen können Abgeordnete mittwochs nach der Kabinettssitzung über die in der Bundesregierung besprochenen Vorhaben Auskunft erhalten und Fragen von aktuellem Interesse im Rahmen der Verantwortlichkeit der Regierung stellen. Die Regierungsbefragung im Plenum ist zeitlich auf 35 Minuten begrenzt und dient der Erstinformation der Abgeordneten.
Anhörungen
Anhörungen (oder „Hearings“) bringen alle diejenigen an einen Tisch, die die Gesetze machen, die von diesen Gesetzen betroffen sind und die sich mit der Materie besonders gut auskennen. Mittlerweile laden die Ausschüsse zu allen Gesetzentwürfen von besonderer Bedeutung Wissenschaftler und Interessenvertreter zu einer (meist öffentlichen) Begutachtung der Gesetzesvorhaben und Nachfragen ein. Das geschieht zum einen als Teil der politischen Auseinandersetzung, weswegen Oppositionsfraktionen gerne Experten einladen, die die Position der Regierung in Frage stellen dürften, und Regierungsfraktionen Fachleute anhören, die dabei vermutlich die Regierungspläne gutheißen. Aber steuern lässt sich das nie – zumal die Fachleute wechselweise ins Kreuzverhör genommen werden.
Anträge
Die Abgeordneten können auf Gesetzgebung und Politik des Bundes vor allem durch Anträge einwirken. Mit ihnen wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Parlament über bestimmte im Antrag genannte Ereignisse oder Politikbereiche zu berichten oder einen Gesetzentwurf zur Regelung bestimmter Dinge vorzulegen. Anträge können ohne Aussprache einem Ausschuss überwiesen werden.
– Änderungsanträge
Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen, durch die die vom federführenden Ausschuss empfohlenen Formulierungen geändert werden sollen, können zur Zweiten Beratung von jedem Abgeordneten eingebracht werden. Änderungen in der Dritten Beratung müssen von so vielen Abgeordneten eingebracht werden, die eine Fraktion bilden können. Durch Annahme eines Änderungsantrags wird die zugrunde liegende Vorlage durch den Antragstext geändert.
Ausschüsse
Zur Vorbereitung seiner Beschlüsse setzt der Bundestag Ausschüsse ein. Die Mitgliederzahl ist unterschiedlich. Ihr Zuständigkeitsbereich entspricht in der Regel dem der Fachministerien. Ausnahmen sind beispielsweise: Ausschüsse für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, für Petitionen, für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, für Tourismus und für Sport. Nach der Verfassung muss der Bundestag einen Ausschuss für Verteidigung, einen Auswärtigen Ausschuss, einen Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union und den Petitionsausschuss bestellen.
– Unterausschüsse
Jeder Ausschuss kann zur Vorbereitung seiner Arbeit Unterausschüsse einsetzen. Diese werden entweder zur Beratung eines bestimmten Gesetzentwurfes oder eines besonderen Problems eingesetzt. Sie können auch für bestimmte Teilgebiete während der gesamten Wahlperiode eingerichtet werden.
– Sonderausschüsse
Der Bundestag kann zur Beratung bestimmter Angelegenheiten vorübergehend Sonderausschüsse einsetzen, deren Mitgliederzahl er festlegt. In der 14.Legislaturperiode wurde zum Beispiel ein Sonderausschuss einberufen, um eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs zu definieren.
– Enquete-Kommission
Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist der Bundestag verpflichtet, zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe EnqueteKommissionen einzusetzen. Die Mitglieder der EnqueteKommission werden im Einvernehmen der Fraktionen benannt. EnqueteKommissionen bestehen aus Abgeordneten und externen Sachverständigen. Sie legen dem Bundestag Berichte und Empfehlungen bis zum Ende der Wahlperiode vor. Auf deren Grundlage kann der nächste Bundestag darüber entscheiden, ob die EnqueteKommission ihre Arbeit fortsetzt.
– Gemeinsamer Ausschuss
Der Gemeinsame Ausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag hat 48 Mitglieder. Er besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages und zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Er stellt das Notparlament im Verteidigungsfall dar, wenn dem rechtzeitigen Zusammentreten des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen. Er entscheidet mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit seiner Mitglieder.
– Wahlausschuss
Die Richterinnen und Richter jedes Senats des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Die vom Bundestag zu berufenden Richter werden vom Wahlausschuss gewählt, der aus zwölf Abgeordneten besteht. Diese Abgeordneten werden nach den Regeln der Verhältniswahl in den Ausschuss gewählt. Zur Wahl einer Richterin oder eines Richters ist die Zweidrittelmehrheit des Wahlausschusses erforderlich.
– Wahlprüfungsausschuss
Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch, ob eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat. Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig. Die Entscheidung des Bundestages wird durch den Wahlprüfungsausschuss, der für die Dauer einer Wahlperiode eingesetzt ist, vorbereitet. Die Vorsitzende bestimmt für jeden Einspruch einen Berichterstatter. Über die zur Debatte stehende Angelegenheit wird mündlich verhandelt; diese Verhandlung ist öffentlich. Über ihr Ergebnis berät der Wahlprüfungsausschuss geheim. Der Beschluss dieses Gremiums ist schriftlich niederzulegen und als Antrag des Ausschusses dem Bundestag zuzuleiten. Die Vorlage muss spätestens drei Tage vor der Beratung an sämtliche Abgeordnete verteilt sein.
– Richterwahlausschuss
Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs, der Finanz, der Arbeits und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet der Bund als oberste Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht. Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundestag gewählt werden.
– Untersuchungsausschüsse
Nach Art. 44 GG kann der Bundestag und muss er auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen, der Zeugen und Sachverständige vernehmen und sonstige Ermittlungen durch Gerichte und Verwaltungsbehörden vornehmen lassen kann. Um eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte zu gewährleisten, hat der Verteidigungsausschuss jederzeit das Recht, sich als Untersuchungsausschuss zu konstituieren.
– Vermittlungsausschuss
Der Vermittlungsausschuss ist ein Gremium, das zwischen Bundestag und Bundesrat fungiert. Der Vermittlungsausschuss besteht aus 16 Mitgliedern des Bundesrates und ebenso vielen des Bundestages, die entsprechend den Fraktionsstärken benannt sind. Seine Aufgabe liegt darin, einen Konsens zwischen Bundestag und Bundesrat zu finden, wenn vom Bundestag beschlossene Gesetze im Bundesrat keine Mehrheit finden. Weichen Beschlüsse des Vermittlungsausschusses von denen des Bundestages ab, ist eine erneute Beschlussfassung im Bundestag erforderlich. Ist zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so können auch der Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangen, um eine Einigung herbeizuführen.
Befriedete Bezirke
Der Schutz der Tätigkeit von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht vor von Versammlungen ausgehenden Störungen wird durch ein Gesetz über „befriedete Bezirke“ für Verfassungsorgane des Bundes sichergestellt. Dabei wird als Ergebnis einer Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit und der Arbeitsfähigkeit des Parlaments das Demonstrationsrecht nur auf das unbedingt Notwendige eingeschränkt, da gerade nicht die „Verbannung“ der Bevölkerung bezweckt wird. In Bonn waren Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzüge und politische Demonstrationen innerhalb einer Bannmeile um den Bundestag verboten. Die Bannmeile wurde mit dem Umzug nach Berlin abgeschafft.
Beschlussempfehlung
Der Ausschuss, an den nach der ersten Beratung im Plenum Vorlagen zur federführenden Beratung überwiesen wurden, erarbeitet für den Bundestag Beschlussempfehlungen. In ihnen sind die Diskussion im Ausschuss, die vorgetragenen Änderungen zu der jeweiligen Vorlage sowie die Voten der mitberatenden Gremien zusammengefasst. Anhand von Beschlussempfehlungen der Fachausschüsse fällt das Plenum des Bundestages seine abschließenden Entscheidungen.
Bundestagsdrucksachen
Alle Vorlagen für den Bundestag werden gedruckt und innerhalb des Bundeshauses an die Abgeordneten und Verwaltungsstellen sowie an den Bundesrat und an die Bundesministerien und die Vertreter der Presse verteilt. Sie erhalten die Nummer der Wahlperiode und eine fortlaufende Nummer, z.B.: 17/1.
Bundestagspräsident
Der Bundestagspräsident steht dem Bundestag vor, wahrt die Rechte des Parlaments, vertritt es nach außen und steht an der Spitze der Bundestagsverwaltung. Er wird für die Dauer der Wahlperiode gewählt und leitet die Plenarsitzungen. Verletzt ein Abgeordneter die parlamentarische Ordnung, so kann der Präsident eine Rüge oder einen Ordnungsruf erteilen, das Wort entziehen oder den Abgeordneten für bis zu 30 Sitzungstage von den Verhandlungen ausschließen. Ist der Bundestagspräsident verhindert, wird er von seiner Stellvertreterin oder seinem Stellvertreter aus der zweitstärksten Fraktion vertreten. In der 17. Wahlperiode wurde Norbert Lammert (CDU) zum Bundestagspräsidenten gewählt.
Diäten
Die Abgeordneten erhalten für ihr Mandat eine zu versteuernde Entschädigung als Ausgleich für Verdienstausfälle durch die Ausübung ihres Mandats (so genannte Diäten, von französisch „diète“: die tagende Versammlung). Diäten gibt es in Deutschland seit 1906, während die Mitgliedschaft im Parlament zuvor ehrenamtlich war. Durch das Abgeordnetengesetz von 1977 wurde der in Artikel 48 GG festgehaltene „Anspruch auf angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung“ der Parlamentarier steuerpflichtig. Die Höhe der Diäten wird bisher auf der Grundlage eines Berichts und einer Empfehlung des Bundestagspräsidenten vom Bundestag beschlossen. Momentan beträgt die Entschädigung monatlich 8.252 Euro.
– Kostenpauschale
Abgeordnete bekommen als Ausgleich für die durch das Mandat entstandenen Aufwendungen eine steuerfreie Kostenpauschale, vergleichbar den Werbungskosten. Sie soll die Ausgaben für den Unterhalt eines Büros außerhalb des Sitzes des Bundestages (meist im Wahlkreis), Mehraufwendungen am Sitz des Parlaments und bei Inlandsreisen sowie die Kosten für Fahrten im Rahmen der Mandatsarbeit innerhalb der Bundesrepublik decken. Die Pauschale beträt im Moment 4.123 Euro.
Diskontinuität
Der Grundsatz der Diskontinuität, also der Nicht-Fortsetzung, reicht im Bundestag sehr weit. Er leitet sich ab von der grundgesetzlichen Begrenzung einer Wahlperiode. Der nicht mehr amtierende Bundestag lebt weder personell oder institutionell noch materiell fort: Alle Abgeordneten verlieren mit der Eröffnung (Konstituierung) eines neu gewählten Bundestages ihr Mandat. Alle Untergliederungen und Organe des Bundestages, wie Ausschüsse und Präsidium entfallen und müssen neu gebildet werden. Und alle Gesetzesvorlagen, die vom alten Bundestag noch nicht beschlossen worden sind, gelten mit Konstituierung des neuen als erledigt. Die jeweiligen Vorhaben müssen dann völlig neu eingebracht und verhandelt werden. Ausgenommen sind Petitionen und Vorlagen, die keiner Beschlussfassung bedürfen. Äußeres Zeichen der Diskontinuität ist der Zusatz der Ziffern: „14. Deutscher Bundestag“, „15. Deutscher Bundestag“, „16. Deutscher Bundestag“ usw.
Entschließungsantrag
Ein Entschließungsantrag kann nicht selbstständig beim Bundestag eingebracht werden. Er muss sich immer auf eine bereits vorliegende Initiative wie etwa einen Gesetzentwurf oder eine Rechtsverordnung, eine Unterrichtung, eine Regierungserklärung, eine Große Anfrage oder Entschließungen des Europäischen Parlaments oder Vorlagen der Europäischen Union beziehen. Entschließungsanträge können einem Ausschuss nur überwiesen werden, wenn die Antragsteller nicht widersprechen. Über Entschließungsanträge kann der Bundestag erst abstimmen, wenn über die zugrunde liegende Vorlage durch Schlussabstimmung entschieden ist.
EU-Richtlinien
Der Rat der Europäischen Gemeinschaften erlässt auf Vorschlag der Kommission Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des gemeinsamen europäischen Marktes auswirken. Das Europäische Parlament (EP) wirkt in unterschiedlich stark ausgeprägter Weise bei der Beschlussfassung mit. Die Beteiligungsformen reichen von einer bloßen Anhörungspflicht bis hin zu Mitentscheidungsmöglichkeiten, und in bestimmten Fällen ist sogar die Zustimmung des EP erforderlich. Zu den Richtlinien werden unter Umständen auch der europäische Wirtschafts und Sozialausschuss und der Ausschuß der Regionen gehört. Die Richtlinien werden anschließend den gesetzgebenden Körperschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Beschlussfassung zugeleitet. Die Richtlinien sind für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, den innerstaatlichen Stellen ist jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlassen.
EU-Verordnungen
EU-Verordnungen haben allgemeine Geltung. Sie sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die EGVerordnungen werden im Amtsblatt der Gemeinschaft veröffentlicht. Sie treten an einem festgelegten Zeitpunkt oder am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Fraktionen
Mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die auf Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Bundesland miteinander im Wettbewerb stehen, können eine Fraktion bilden. Schließen sich Mitglieder des Bundestages abweichend von dieser Regelung zusammen, so werden sie nur dann als Fraktion anerkannt, wenn der Bundestag zugestimmt hat. Die Besetzung des Ältestenrates und der Ausschüsse sowie der Ausschussvorsitze richtet sich nach der Stärke der einzelnen Fraktionen. Im 17. Bundestag gibt es fünf Fraktionen: CDU/CSU (237 Sitze), SPD (146 Sitze), FDP (93 Sitze), Die Linke (75 Sitze) und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (68 Sitze).
– Fraktionslos
Einzelne Abgeordnete, die keiner Fraktion oder Gruppe angehören, sind fraktionslos. Ihre Rechte sind gegenüber denen der Fraktionen begrenzt, auch das Rederecht im Plenum ist eingeschränkt. Sie können aber Geschäftsordnungsanträge stellen und Fragen zur schriftlichen oder mündlichen Beantwortung an die Bundesregierung richten. In den Ausschüssen können fraktionslose Abgeordnete als beratende Mitglieder mit Rede- und Antragsrecht tätig werden, sich aber nicht an Abstimmungen beteiligen. Z.B. in der 15. Wahlperiode gab es drei fraktionslose Abgeordnete.
– Gruppen
Bundestagsmitglieder können sich zu Gruppen zusammenschließen. Sie haben weniger Mitglieder als eine Fraktion und nicht so weit gehende Rechte. Zudem müssen sie mit weniger Finanzmitteln auskommen. Im 13.Deutschen Bundestag bildete die PDS mit 30 Sitzen eine Gruppe. Auch einzelne Abgeordnete, die keiner Fraktion oder Gruppe angehören, haben eine Reihe von Rechten. Sie können in Plenardebatten beispielsweise Geschäftsordnungsanträge stellen und begründen oder mündliche und schriftliche Anfragen an die Bundesregierung stellen.
Geschäftsordnung
Der Bundestag gibt sich eine Geschäftsordnung, die die Einzelheiten des parlamentarischen Verfahrens regelt. Sie steht als Satzung im Rang unterhalb des Grundgesetzes und der Bundesgesetze.
Gesetzgebung
Gesetzgebung ist im Rechtsstaat das wichtigste Mittel politischer Steuerung. Sie führt zu Entscheidungen über öffentliche Probleme, die geregelt werden müssen. Zu unterscheiden sind Bundes- und Landesgesetze. Die Gesetzgebung ist den Ländern vorbehalten, soweit das Grundgesetz sie nicht auf den Bund übertragen hat.
– Ausschließliche Gesetzgebung
Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn sie hierzu durch ein Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt sind. In folgenden Bereichen liegt die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz beim Bund: bei allen auswärtigen Angelegenheiten, der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung, der Staatsangehörigkeit, der Währungs- und Geldfragen, der Einheit des Zoll- und Handelsgebietes sowie bei der Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei und der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung.
– Konkurrierende Gesetzgebung
Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht. In diesen Bereichen hat der Bund das Recht zur Gesetzgebung, soweit es um die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit geht. Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung sind unter anderem das bürgerliche Recht, das Strafrecht und der Strafvollzug, der Straßenverkehr, das Vereins- und Versammlungsrecht, das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Ausländern, das Recht der Wirtschaft und des Verbraucherschutzes sowie die Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes.
– Rahmengesetzgebung
Der Bund kann Rahmenvorschriften für bestimmte Bereiche erlassen. Er kann diese Bereiche nicht erschöpfend regeln, sondern steckt lediglich einen Rahmen ab, der Raum für regionale Unterschiede lässt und von den Ländern mit eigenen Vorschriften ausgefüllt wird. Bedeutsame Rahmengesetze sind zum Beispiel das Beamtenrechtsrahmengesetz und das Hochschulrahmengesetz. Darüber hinaus kann der Bund den rechtlichen Rahmen für den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland setzen.
Gesetzentwürfe
Beim Bundestag werden Gesetzentwürfe durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Parlaments oder durch den Bundesrat eingebracht. Dabei sind Vorlagen der Bundesregierung zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat kann innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung nehmen. Vorlagen der Länderkammer sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von drei Monaten zuzuleiten. Die Bundesregierung muss hierbei ihre Auffassung darlegen. Gesetzentwürfe aus der Mitte des Parlaments können von so vielen Abgeordneten eingebracht werden, wie eine Fraktion bilden können. Nach Beschluss des Bundestages kann auch eine parlamentarische Gruppe Gesetzentwürfe einbringen. Die Entwürfe können sofort im Parlament beraten werden.
Gesetzgebungsverfahren
Bundesgesetze werden vom Bundestag beschlossen. Sie sind nach ihrer Annahme unverzüglich dem Bundesrat zuzuleiten. Er kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, dass ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuss, der sogenannte Vermittlungsausschuss, einberufen wird. Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann die Länderkammer gegen ein vom Parlament beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Wird dieser mit der Mehrheit der Stimmen im Bundesrat beschlossen, so kann er durch einen mehrheitlichen Beschluss im Bundestag zurückgewiesen werden. Stimmt der Bundesrat zu, fertigt der Bundespräsident nach Gegenzeichnung durch die Regierung das Gesetz aus. Danach wird es im Bundesgesetzblatt verkündet.
Gesetzesberatung
Gesetzentwürfe durchlaufen im Bundestag drei Beratungen (Lesungen), mit Ausnahme von Ratifizierungsgesetzen, für die nur zwei Lesungen vorgesehen sind.
– Erste Beratung
Sofern der Ältestenrat eine Aussprache empfiehlt oder aber sie von so vielen Abgeordneten, wie eine Fraktion bilden können, oder von einer Gruppe beantragt wird, findet zu Gesetzentwürfen, die dem Bundestag zugeleitet wurden, bei der Einbringung eine Beratung statt. Viele Gesetzentwürfe werden ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
– Zweite Beratung
Nach der Beratung in den Fachausschüssen wird ein Gesetzentwurf in der vom federführenden Ausschuß vorgelegten Fassung vom Bundestag paragraphenweise beraten. Jeder Abgeordnete kann in diesem Stadium der Beratungen Änderungsanträge stellen. Es wird über jeden einzelnen Paragraphen abgestimmt.
– Dritte Beratung
Ist der Gesetzentwurf in der zweiten Beratung unverändert angenommen worden, folgt die dritte Beratung unmittelbar. Wenn Änderungen beschlossen worden waren, steht die dritte Beratung am zweiten Tag nach Verteilung der Drucksachen mit den beschlossenen Änderungen an, es sei denn, dass auf Antrag einer Fraktion oder von so vielen Abgeordneten, wie eine Fraktion bilden können, der Bundestag mit zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschließt, die Beratung der zweiten Lesung anzuschliessen. Zu Gesetzentwürfen können Änderungsanträge eingebracht werden. Sie müssen von einer Fraktion oder fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages unterzeichnet sein. Sie dürfen nur auf diejenigen Bestimmungen bezogen sein, zu denen in zweiter Beratung die Änderungen beschlossen worden waren.
– Schlussabstimmung
Nach Schluss der dritten Beratung wird über den Gesetzentwurf abgestimmt. Über Verträge mit auswärtigen Staaten findet keine besondere Schlussabstimmung statt.
Immunität
Ein Abgeordneter darf nur mit Genehmigung des Bundestages wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen und verhaftet werden, es sei denn, er wird bei der Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen. Auch bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen ihn ist die Genehmigung des Bundestages erforderlich. Strafverfahren sind auf Verlangen des Bundestages auszusetzen. Zweck der Immunität ist der Schutz der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Bundestages. Sie ist auf die Dauer der Mitgliedschaft im Parlament begrenzt.
Indemnität
Indemnität bedeutet, dass ein Abgeordneter zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Parlaments zur Verantwortung gezogen werden kann. Dies gilt jedoch nicht für verleumderische Beleidigungen.
Petitionen
Jede Bürgerin und jeder Bürger hat das Recht, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen eine Petition, eine Bitte oder Beschwerde bei einem der Länderparlamente bzw. beim Bundestag einzureichen. In einer Petition kann beispielsweise eine Gesetzesänderung angeregt werden. Der Petitionsausschuss des Bundestages berät über die Anliegen, die die Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder Bereiche bzw. Einrichtungen der Bundesverwaltung betreffen. Die Befugnisse des Petitionsausschusses zur Überprüfung von Beschwerden sind gesetzlich geregelt. Dabei kann der Petitionsausschuss zur abschließenden Erledigung durch den Bundestag unter anderem vorschlagen, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung, zur Erwägung oder als Material zu überweisen.
Plenum
Das Plenum, die Gesamtheit aller Abgeordneten, verhandelt öffentlich in Sitzungen. Während der Plenarsitzungen werden alle Vorlagen behandelt sowie Wahlen durchgeführt. Termin und Tagesordnung jeder Sitzung werden im Ältestenrat vereinbart sowie der Bundesregierung und dem Bundesrat mitgeteilt. Die Sitzungen werden vom Bundestagspräsidenten oder einem seiner Stellvertreter geleitet. Auf Antrag eines Zehntels seiner Mitglieder oder auf Antrag der Bundesregierung kann der Bundestag mit einer Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit ausschließen. Über den Antrag wird in nicht öffentlicher Sitzung entschieden.
Präsidium
Der Präsident und seine Stellvertreterinnen und Stellvertreter bilden das Bundestagspräsidium. Es wird für die Dauer der Wahlperiode gewählt. Die Präsidiumsmitglieder können nicht durch Bundestagsbeschluss abberufen werden. Das Präsidium tritt regelmäßig in jeder Sitzungswoche des Bundestages zusammen, um Angelegenheiten zu beraten, die die Leitung des Hauses betreffen. Es wirkt unter anderem an Personalangelegenheiten der höheren Beamten der Bundestagsverwaltung und beim Abschluss wichtiger Verträge mit. Auch Fragen der Öffentlichkeitsarbeit werden im Präsidium beraten. In der 17. Wahlperiode wurde Norbert Lammert (CDU/CSU) zum Bundestagspräsidenten gewählt. Von Bündnis 90/Die Grünen fungiert Katrin Göring-Eckardt als Stellvertreterin.
Ratifizierung
Von der Bundesregierung ausgehandelte völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften sowie eines Gesetzes. Das heißt, Bundestag und Bundesrat müssen den Verträgen zustimmen. Der Bundespräsident schließt namens des Bundes die Verträge. Im Bundestag werden Ratifizierungsvorhaben in zwei Lesungen durchgeführt.
Rechtsverordnungen
Die Bundesregierung, ein/e Bundesminister/in oder die Landesregierungen können per Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. In dem Gesetz müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. In der Verordnung ist die Rechtsgrundlage anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung. Für Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrag des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden, ist die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Der Bundestag ist nur in Ausnahmefällen mit der Beratung von Verordnungen befasst. So kann er nach dem Außenwirtschaftsgesetz innerhalb von vier Monaten nach Verkündung auf Aufhebung einer Verordnung dringen.
Regierungserklärung
Zu Beginn seiner Amtszeit gibt der Bundeskanzler vor dem Bundestag eine Regierungserklärung ab, in der dem Parlament die Politik der Regierung während der Legislaturperiode vorgestellt wird. Die Regierungserklärung hat keine juristische, wohl aber eine bedeutende verfassungspolitische Verbindlichkeit für Parlament und Regierung. Während der Legislaturperiode kann die Bundesregierung von sich aus Erklärungen durch den Bundeskanzler oder die Minister(innen) zu aktuellen politischen Themen vor dem Parlament abgeben. Sie kann jedoch vom Bundestag nicht verpflichtet werden Erklärungen abzugeben.
Schriftführer
Schriftführer sind Abgeordnete, die auf Vorschlag ihrer Fraktionen vom gesamten Bundestag in dieses Amt gewählt werden. Ihre Zahl ist nicht vorgegeben. Meistens werden gut 40 gewählt, damit sie sich während der Sitzungstage häufig abwechseln und ihren eigentlichen Abgeordnetenaufgaben noch nachgehen können. Je zwei Schriftführer bilden zusammen mit dem Bundestagspräsidenten oder einem seiner Stellvertreter den Sitzungsvorstand. Sie sitzen hinter dem Rednerpult, links und rechts neben dem amtierenden Präsidenten. In der Regel gehört einer den Regierungsfraktionen und einer den Oppositionsfraktionen an. Sie nehmen Anträge und Wortmeldungen entgegen, verlesen Schriftstücke, führen Rednerlisten, überwachen die Korrekturen des Plenarprotokolls und stellen als Sitzungsvorstand gemeinsam das Ergebnis von Abstimmungen fest. Können sie sich bei Abstimmungen per Handheben nicht einigen, wer dem Augenschein nach gewonnen hat, verfügen sie eine Auszählung der Stimmabgabe. Dazu verlassen alle Abgeordneten den Plenarsaal und betreten ihn wieder durch „Ja“-, „Nein“- oder „Enthaltungs“-Türen, wobei sie gezählt werden. Dieses Verfahren wird auch „Hammelsprung“ genannt.
Verbände
Der Präsident des Bundestages führt eine öffentliche Liste, in der alle Verbände, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten, eingetragen werden. Eine Anhörung ihrer Vertreter findet nur statt, wenn sie sich in diese Liste eingetragen und dabei folgende Angaben gemacht haben: Name und Sitz, Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung, Interessenbereich des Verbandes, Mitgliederzahl, Namen der Verbandsträger sowie Anschrift der Geschäftsstelle am Sitz von Bundestag und Bundesregierung. Da die Existenz solcher Verbände dem freiheitlichen und pluralistischen Konzept des Grundgesetzes entspricht, wird ihr Einfluss nicht etwa nur staatlich geduldet, sondern gesucht und rechtlich geordnet. So hat das Parlament die Möglichkeit, die verschiedenen Standpunkte der Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen, um später eine gerechte und ausgewogene Entscheidung treffen zu können. Außerdem können Gesetzgebung und Verwaltung ihre Maßnahmen treffsicherer machen, wenn der Sachverstand der betroffenen Kreise mit in die Formulierung von Regelungen eingebracht wird.
Vertrauensfrage
Der Bundeskanzler kann durch Antrag überprüfen lassen, ob er noch die Zustimmung der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten hat. Erreicht er nicht die erforderliche Zustimmung, kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen (Art. 68 Grundgesetz). Das Recht zur Auflösung des Parlaments erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder eine/n andere/n Bundeskanzler/in wählt. Zwischen dem Antrag und der Abstimmung müssen 48 Stunden liegen.
– Konstruktives Mißtrauen
Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder (zur Zeit 308) eine/n Nachfolger/in wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muss diesem Ersuchen entsprechen. Zwischen dem Antrag und der Wahl müssen 48 Stunden liegen (Artikel 67 GG).
Verwaltungsvorschriften
Verwaltungsvorschriften sind Regelungen, die innerhalb der Organisation der öffentlichen Verwaltung von übergeordneten Behörden oder von Vorgesetzten an nachgeordnete Behörden oder Bedienstete ergehen. Sie dienen dazu, die Tätigkeit der Verwaltung näher zu bestimmen und einheitlich zu gestalten. Von großer Bedeutung sind etwa die für die Praxis der Finanzbehörden maßgeblichen Steuerrichtlinien oder die Vergaberichtlinien für die Gewährung von Subventionen. Verwaltungsvorschriften können einerseits Organisation, Zuständigkeiten und Verfahren der Behörden ordnen. Sie können aber auch die Anwendung der oft nur allgemein gehaltenen Gesetze durch Auslegungs oder Ermessensvorschriften konkretisieren. Anders als die Rechtsverordnungen bedürfen die Verwaltungsvorschriften keiner gesetzlichen Grundlage.
Wehrbeauftragter
Unabhängig vom allgemeinen Petitionsrecht hat jeder Soldat die Möglichkeit, sich etwa im Zusammenhang mit der Aufdeckung möglicher Missstände innerhalb der Bundeswehr an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages zu wenden. Der Wehrbeauftragte wird auf Weisung des Bundestages oder dessen Verteidigungsausschusses zur Prüfung bestimmter Vorgänge tätig. Er kann aber auch aus alleiniger Verantwortung heraus handeln. Er wird dann bei den entsprechenden Stellen aktiv, wenn ihm durch Eingaben von Soldaten oder durch Mitteilung von Bundestagsabgeordneten Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Bundeswehrangehörigen schließen lassen. Der Wehrbeauftragte berichtet dem Bundestag einmal im Jahr über das Ergebnis der parlamentarischen Kontrolle zum Schutz der Grundrechte der Soldaten.
(Stand: März 2013)
Weitere Antworten und Erläuterungen zu z.B. Abgeordneten oder dem Parlament und seinen Abläufen gibt es auf den Seiten des Deutschen Bundestages:
http://www.bundestag.de/service/faq/index.html