Rechtsextreme Einstellungen: Kein Grund aufzuatmen

Die Veröffentlichung der Studie „Die stabilisierte Mitte. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland“ von Elmar Brähler und Oliver Decker an der Universität Leipzig kommentiert Volker Beck, innenpolitischer Sprecher:

„Es gibt keinen Grund aufzuatmen. Die hohen Abwertungshaltungen gegenüber Sinti & Roma, Muslimen und Flüchtlingen lassen alle Alarmglocken läuten. Der Rückgang manifestierter rechtsextremer Einstellungen in unserer Gesellschaft ist Erfolg erfolgreicher zivilgesellschaftlicher Projektarbeit und zugleich Erfolg des gesamtgesellschaftlichen Konsens gegen Neonazis.

In den feindlichen Haltungen gegenüber Sinti & Roma, Muslimen und Flüchtlingen spiegeln sich aber auch die politischen Debatten der letzten Jahre wieder. Hier sehen wir die giftigen Früchte der Diskussionen über Sinti und Roma, die pauschal zu betrügenden „Armutszuwanderern“ gemacht wurden, um Muslime und darüber, ob ihre Religion zu Deutschland gehöre, oder Asylbewerbern, deren Verfolgung und Leid viel zu oft ausgeblendet wird, um gegen angeblichen „Sozialmissbrauch“ zu hetzen.

Aus dem Ergebnis der Studie erwachsen folglich zwei Herausforderungen an die Politik:

1. Die Projektarbeit gegen Rechtsextremismus muss in ihrer Grundkonzeption zu einer Projektarbeit gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus umgestellt werden, deren langfristige Finanzierung gesichert werden muss. Außerdem darf sich die Bundesregierung nicht länger der Entwicklung einer nationalen Teilhabestrategie für in Deutschland lebende Sinti und Roma verweigern. Hier handelt es sich um die am stärksten diskriminierte Minderheit in Deutschland und Europa. Um antiziganistische Straftaten zu erkennen und für eine entsprechend effektive Verfolgung zu sorgen, müsste die Bundesregierung endlich ihre Widerstände gegen ein eigenständiges Kriterium ‚Antiziganismus‘ im polizeilichen Themenfeldkatalog der „Politisch motivierten Kriminalität“ aufgeben.

2. Politik und Gesellschaft müssen ihren Ton ändern. Das Einprügeln auf Minderheiten um kurzfristig bei den Wählern zu Punkten, darf keine Toleranz mehr erfahren. Integration ist keine Einbahnstraße – deshalb sollten wir als gesamte Gesellschaft auf zugewanderte Roma, Muslime und Flüchtlinge stärker zugehen und sie willkommen heißen, statt auszugrenzen. Und vor allem muss Schluss sein, die seit Jahrhunderten in Deutschland lebenden Sintos und Roma in Debatten quasi wieder auszubürgern – sie sind Deutsche!“

Zum Hintergrund:
Heute hat die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Elmar Brähler und PD Dr. Oliver Decker an der Universität Leipzig die Studie „Die stabilisierte Mitte“ vorgestellt. Seit 2002 untersucht die Arbeitsgruppe rechtsextreme Einstellung in Deutschland im Zwei-Jahres-Rhythmus anhand repräsentativer Erhebungen.

Studie zum Download:
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/mitte_leipzig_internet.pdf

Pressemitteilung der Wissenschaftler:
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/pm_rechtsextremismusstudie.pdf


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