Vorschläge von Klöckner kann man nur als Chuzpe bezeichnen

Zum Vorschlag von Julia Klöckner, die CDU solle auf ihrem Parteitag eine Integrationspflicht für Migranten verabschieden, unter anderem sollen mit Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, erklärt Volker Beck:

„Die Vorschläge von Julia Klöckner kann man nur als Chuzpe bezeichnen. Man kann keine Integrationspflicht fordern und gleichzeitig nicht ausreichende Integrationskurse finanzieren. Gestern hat die Große Koalition einen Haushalt beschlossen, der nur für einen Bruchteil der Flüchtlinge Integrationskurse ermöglicht. Übrigens: Der Besuch eines Integrationskurs ist seit 2005 für jeden Flüchtling, der eine Aufenthaltserlaubnis erhält, grundsätzlich Pflicht.

Wir müssen unsere Werte, säkulare Rechtsordnung, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Hetero- und Homosexuellen, Religionsfreiheit und Respekt vor Andersgläubigen und unsere historische Verantwortung gegenüber Israel vorleben und vermitteln.

Mit einer Unterschrift ist unter eine Erklärung ist es da nicht getan. Ihre Forderung, Flüchtlinge sollten die Gleichberechtigung von Mann und Frau und den Vorrang der deutschen Gesetze vor der Scharia, des weltlichen Rechts vor dem religiösen also, anerkennen um Diskriminierungen von Frauen, Homosexuellen und Andersgläubigen zu verhindern, das sollte sie auch konsequent in der eigenen Partei durchsetzen. Die CDU hat bei Fragen der Gleichstellung von Homosexuellen in Anhörungen die Katholische Kirche als Sachverständige eingeladen, für die Homosexualität „objektiv ungeordnet“ und sündhaft ist. (zuletzt 09/2015)

Richtig absurd wird es, wenn ausgerechnet die Deutschen von ihren Einwanderern ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel einfordern. 40% der Deutschen sind beispielsweise der Meinung, Israel führe einen „Vernichtungskrieg“ gegen die Palästinenser und fast 30% sind der Meinung, dass man bei der Politik Israels gut verstehen könne, dass man etwas gegen Juden hat. Das sind erschreckende Befunde, die uns nicht das recht geben, selbstgerecht einseitige Bekenntnisse von Flüchtlingen zu verlangen. Wenn es Klöckner um den Kampf gegen Antisemitismus und Israel ginge, würde sie dieses Bekenntnis auch von Deutschen verlangen, die beispielsweise Transferleistungen beziehen, nicht nur von Flüchtlingen, die hier Schutz suchen. Wie absurd das wäre, muss man nicht erklären. So bleibt von dieser Forderung nur der der böse Verdacht, dass hier mit doppelten Standards Vorurteile geschürt werden. Wäre Klöckner ehrlich, würde sie mehr Engagement gegen ‎Antisemitismus‬, ‪Rassismus‬ und ‪Homophobie‬ fordern, egal ob jemand aus Dresden oder Damaskus kommt.

Ich kann in der heutigen Flüchtlingsdiskussion die Befürchtungen in den jüdischen Gemeinden nachvollziehen, dass syrische Flüchtlinge ein anerzogenes Feindbild von ‪Israel‬ und den Juden mitbringen könnten und dass dies in Bedrohung und Gewalt umschlagen könnte. Was aber Klöckner hier macht, bedient eine Ressentimentgeladene self-fulfilling prophecy. Die syrischen Flüchtlinge wurden selbst Opfer eines Systems, das den Hass auf Juden und Israel geschürt hat. Deshalb liegt in der aktuellen Situation auch eine Chance auf Infragestellung, Neuanfang und Perspektivwechsel, der wir mit Mut und Klarheit begegnen sollten, nicht mit Vorverurteilungen.“

SPON zu Klöckners Forderungen: www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-will-integrationspflicht-fuer-migranten-beschliessen-a-1064918.html

Antisemitische Einstellungen in Deutschland (Uni Bielefeld): ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/antisemitismus_bedroht_jüdisches_leben_und


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