Asylpaket II löst keines der existierenden Probleme

Zu dem großkoalitionären Streit um das „Asylpaket II“ erklärt Volker Beck, Sprecher für Innenpolitik:

„Das Asylpaket II löst keines der existierenden Probleme. Es tritt die Rechte von Flüchtlingen mit Füßen und sorgt weder für schnellere Verfahren, noch für die Entlastung der Behörden.

Zu dem Referentenentwurf des BMI ist zu sagen:

Einschränkungen beim Familiennachzug sind eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Schleuser. Die Beschränkung des Familiennachzugs – ob zu Flüchtlingen aus Syrien oder anderen Ländern – wird nur dazu führen, dass sich vermehrt auch Frauen und Kinder auf eine unsichere Flucht begeben. Die Erfinder solcher Regelungen nehmen den drohenden Tod durch Ertrinken im Mittelmeer in Kauf. Die Abschiebung von kranken Menschen trotz schwerer Traumatisierung ist ein besonders perfider Vorschlag und humanitär nicht vertretbar.

Zur Verfahrensbeschleunigung braucht das BAMF mehr Geld und mehr Personal, keine Vorschriften über beschleunigte Verfahren. Nach dem Referentenentwurf hätte es das BAMF in der Hand, solche Verfahren innerhalb eines Monats durchzuführen oder es sein zu lassen. Schon jetzt darf das BAMF selbstverständlich innerhalb von 30 Tagen entscheiden. Wenn Asylverfahren fortan eingestellt werden sollen, weil jemand wiederholt gegen die Residenzpflicht verstößt, schafft das die Integrationsprobleme von morgen:

Abschieben wird man die Betroffenen trotzdem nicht können und als Geduldete ist ihr Zugang zu Integrationsangeboten nach wie vor beschränkt. Die Beteiligung von Flüchtlingen an den Kosten der Integrationskurse wird der Staatskasse finanziell kaum etwas bringen und nimmt den Kursteilnehmern das, was sie eigentlich für ein menschenwürdiges Leben brauchen: die Asylbewerberleistungen sind ohnehin äußerst knapp bemessen. Diese Kostenbeteiligung wäre ein Bürokratiemonster.

Zu weiteren Vorschlägen in der Diskussion ist zu sagen:

Besonders ekelhaft ist das Verhalten der CSU. Ihr Vorschlag, die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten zu bestimmen, degradiert die Menschenrechte zur bloßen Verhandlungsmasse. Nach den Vorgaben des Grundgesetzes und der EU-Verfahrensrichtlinie können Staaten, in denen einer Gruppe schwere Menschenrechtsverletzungen droht, nicht als sicher gelten.

In Algerien, Marokko und Tunesien werden Frauen massiv benachteiligt, das hat Staatsministerin Böhmer gestern in der Fragestunde bestätigt. Wenn es nach der CSU geht, würden die Rechte schutzsuchender Frauen aus diesen Ländern dramatisch beschnitten. Journalisten werden in den Maghreb-Staaten eingeschüchtert, das sehen auch Amnesty International und die Friedrich-Naumann-Stiftung so, die vor kurzem ihre Büroleiterin wegen Sicherheitsmängeln aus Rabat abgezogen hat. Schwule Männer werden strafrechtlich verfolgt. Wer solche Staaten als sicher erklärt, hat für die Bedeutung der Menschenrechte überhaupt kein Gespür. Das Bundesverfassungsgericht verlangt klar und eindeutig: ‚Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muss Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen‘.

Integrationsfeindlich sind auch Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge, da sie die Arbeitsaufnahme erschweren und den Zugang zu zivilgesellschaftlichen Unterstützungsangeboten beeinträchtigen.“

Die Antwort der Bundesregierung auf die Frage von Volker Beck zum Schutz von Frauen in Algerien, Marokko und Tunesien vor sexueller Gewalt findet sich ab Seite 14850 des Plenarprotokolls vom 27.1.2016.


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