Einwanderungsgesetz: SPD-Vorschlag wirft mehr Fragen auf als erAntworten gibt
Zum Vorschlag der SPD für ein Einwanderungsgesetz erklärt Volker Beck, Sprecher für Migrationspolitik:
Der SPD-Vorschlag wirft mehr Fragen auf als er Antworten gibt. Die SPD möchte 25.000 Fachkräften innerhalb eines Jahres die Einwanderung ermöglichen, setzt dabei aber in erster Linie auf den Nachweis eines Arbeitsangebots. Wer als Fachkraft ein Arbeitsangebot hat, kann schon jetzt ein Visum beantragen. Zwar setzt die Visumserteilung bislang die Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit voraus, die in vielen Fällen prüft, ob vorrangige Bewerberinnen und Bewerber für die Stelle in Frage kommen. Davon gibt es aber schon jetzt zahlreiche Ausnahmen. Die SPD will das Verfahren um einen weiteren bürokratischen Zwischenschritt ergänzen und den Fachkräften trotz Vorliegen eines Arbeitsangebots die Registrierung in einem noch nicht existenten Webportal nahelegen. Die Vorrangprüfung will sie beibehalten, wenn die Landesregierungen darauf bestehen. Das macht Einwanderung nicht attraktiver, sondern bürokratischer und wird kaum mehr Fachkräfte anlocken als das geltende Recht.
Dort wo die Einwanderung auch ohne Arbeitsangebot möglich sein soll, werden die Begünstigten in die Bedürftigkeit gedrängt. Denn während des Verfahrens zu Anerkennung von Abschlüssen im Inland soll ihnen offenbar trotzdem nur eine qualifikationsangemessene Beschäftigung erlaubt werden. Das ist lebensfern. Motivierte junge Ingenieurinnen oder Pflegefachkräfte sollten auch während des Anerkennungsverfahrens in die Lage versetzt werden, ihren eigenen Lebensunterhalt zu sichern, ohne Ersparnisse aufzubrauchen. Dafür müssen sie vorübergehend auch jobben dürfen. Alles andere wirkt abschreckend und belastet im Endeffekt unnötig unsere Sozialkassen.
Dass Einwanderung nicht bloß über ein Punktesystem gestaltet werden kann, erkennt die SPD nicht. Zu einem Einwanderungsgesetz gehört nicht nur das Buhlen um Fachkräfte. Es muss vielmehr den Rahmen für internationale Mobilität ausgestalten und damit die Realitäten eines Einwanderungslandes in einer zunehmend globalisierten Welt anerkennen. Viele internationale Fachkräfte verbringen erst einige Jahre in Deutschland, bevor sie aus Karrieregründen in ein anderes Land weiterziehen oder einen Beitrag zur Entwicklung in ihrem Herkunftsland leisten wollen. Das ist auch kein Problem, sondern eine
Chance: Expertise gewinnt durch internationale Erfahrung.
Wir müssen aber dafür sorgen, dass eine spätere Rückkehr nach Deutschland attraktiver wird, indem wir dafür sorgen, dass einmal erworbene Rechtspositionen nicht mit Wegzug erlöschen. Wer ein Aufenthaltsrecht erwirbt, sollte es nicht mehr durch Wegzug verlieren, wie es heute in vielen Fällen noch geschieht. Deshalb fordern wir Grünen die Streichung von § 51 Absatz Nr. 6 und 7 AufenthG und die schnellere Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Auch Anwartschaften zur Sozialversicherung sollten international einfacher transferierbar werden.
Zwischen Arbeitsmigranten und Flüchtlingen zu unterscheiden, ist an sich sinnvoll. Das gilt allerdings dort nicht, wo sich Menschen bereits als Asylsuchende oder Geduldete im Inland befinden und in den Arbeitsmarkt integriert sind. An dieser Stelle macht es wenig Sinn, ihnen den Wechsel zum Status eines Arbeitsmigranten aus ideologischen Gründen zu verwehren. Deshalb sollte der sog. Spurwechsel auch für Asylsuchende, Geduldete, Auszubildende und Studierende ermöglicht werden. Alles andere schafft Bürokratie und keineswegs die Offenheit, die das Recht einer Einwanderungsgesellschaft ausstrahlen sollte. Auch hier ist die SPD auf dem Holzweg.
Wir Grünen haben vor mehr als drei Jahren ein differenziertes Konzept vorgelegt
(dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/135/1713555.pdf)
und im Februar letzten Jahres konkretisiert (dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/039/1803915.pdf).
www.spdfraktion.de/system/files/documents/einwanderungsgesetz-spd-bundestagsfraktion.pdf