Antisemitismusbericht im Bundestag vorgestellt: Die Untätigkeit der Bundesregierung braucht eine institutionelle Antwort
Am 24. April 2017 stellte der Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus seinen Antisemitismusbericht vor.
Der Bundestag muss noch vor der Sommerpause die Bundesregierung mit der Umsetzung der Forderungen des Expertenkreises beauftragen. Die organisierte Unverantwortlichkeit muss ein Ende haben. Die Untätigkeit nach dem ersten Bericht braucht eine institutionelle Antwort. Der Expertenkreis hat dafür die notwendigen Vorschläge gemacht.
Antisemitismus ist nicht das Problem der Jüdinnen und Juden, sondern der gesamten Gesellschaft. Die Forderungen und Empfehlungen des Expertenkreises, der vom Bundestag selbst einberufen wurde, müssen demnach noch bis Ende der Wahlperiode mit der gebotenen Ernsthaftigkeit diskutiert werden.
Den zweiten Bericht darf nicht das Schicksal des ersten ereilen: nämlich routinemäßig zu den Akten gelegt zu werden, ohne das Konsequenzen gezogen werden oder den Forderungen und Empfehlungen aktiv nachgegangen wird. Wir brauchen Taten statt Lippenbekenntnisse.
Die Expertise muss für den alltäglichen Kampf gegen Antisemitismus genutzt werden, um heute und in Zukunft Antisemitismus nachhaltig und in der gebotenen Breite zu bekämpfen und vorzubeugen.
Die Umsetzung der Empfehlungen des ersten Berichts hat gezeigt: weniger Koordination, Engagement und Überblick innerhalb der Bundesregierung war selten. Auf allen Ebenen braucht es eine Struktur, die Erfahrungen, Instrumente und Aktivitäten bündelt und das Zusammenwirken von Behörden und Zivilgesellschaft koordiniert und für die Nichtumsetzung verantwortlich gemacht werden kann.
Wichtiger Aspekt des zweiten Berichts ist die Einbeziehung der jüdischen Perspektive und die eigenen Erfahrungen mit Antisemitismus, die sich nicht nur in verbaler oder körperlicher Gewalt, sondern in einem gesellschaftlichen Klima spiegeln.
Es ist daher wichtig, in allen Teilen der Gesellschaft aufzuklären und Initiativen nachhaltig zu unterstützen, die Antisemitismus bekämpfen und vorbeugen.
Israelbezogener Antisemitismus, Antizionismus, ist ein Brandbeschleuniger für antisemitische Einstellungen und Gewalt. Die im Bericht ausgewerteten Studien weisen eine hohe Zustimmung zu israelbezogen antisemitischen Positionen auf. Das dürfen wir nicht zulassen.
Geflüchtete sollten als Botschafter für Demokratie und Respekt in den Kampf gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Antisemitismus einbezogen werden. Gerade ihre eigenen Erfahrungen mit Rassismus können sich positiv für ein gegenseitiges Verständnis und ein neues Miteinander in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft sein.